Nutze die Nacht! Wenn eine Nacht so kurz ist, wie die vom 20. zum 21.6., quasi die kürzeste des Jahres, dann ist es besonders wichtig, dieses Motto in die Tat umzusetzen. Davon soll im Folgenden berichtet werden.
Doch erst noch ein wenig zur Vorgeschichte.
Lange herrschte Funkstille auf dieser Seite! Denn eine der Nebenwirkungen so eines Corona-Lockdowns ist eine temporäre Schreibblockade bei Vertretern bestimmter Risikogruppen.
Das heißt aber nicht, dass auf Seiten des Lauftreffs in dieser Zeit nichts passiert wäre. Ganz im Gegenteil wurden die zahlreichen ausgefallenen vereinsgebundenen Trainingseinheiten und Wettkämpfe durch individuelles Streben mindestens kompensiert. Und bei Einhaltung der gerade aktuellen Abstandsregeln konnten auch diverse Kleingruppen-Laufevents gefeiert werden.
Unsere Anett kam bald zu dem Schluss, dass da System rein muss und rief einen virtuellen Staffellauf “Ostseeumrundung” aus. Die von ihr gewissenhaft vorgenommene Summierung und Visualisierung der seit dem 16. April täglich eingesammelten Run- und Walk-Aktivitäten gab allen einen gewaltigen Antrieb, in der Corona-Zeit nicht einzurosten.
Und so wurden bis zum 19. Juni alle Ostsee-Anrainerstaaten durchquert und dabei 7987 Kilometer zurückgelegt.
Nach dem triumphalen Einlauf in Rostock (gekrönt von 81 (!) virtuellen Ringo-Runden auf der LAV-Laufbahn) musste eine passende Abschlussveranstaltung her, verbunden mit einem gepflegten Auslaufen.
Wie passend – es hatte eine große Zahl der Lauftreffler als Höhepunkt und Abschluss der Frühjahrssaison den “Helsinki White Nights Run” auf der Agenda, wenn man so sagen darf.
Die Idee, 5 oder 10 km in der kürzesten Nacht des Jahres als “Virtual Runner” zurückzulegen, hatte die Massen ergriffen, und wurde so zur materiellen Gewalt!
Und so traf man sich, freundlich, aber leicht distanziert, am Rande der Warnemünder Promenade, um pünktlich um 22:00 Uhr dem virtuellen Startschuss Folge leisten zu können.
Vorher wurde natürlich aufgetankt - mittels sorgfältig dargereichter isotonischer Trink-Portionen.
Als große Überraschung erfolgte währenddessen die feierliche Urkundenverteilung für die erfolgreich gefinishte Ostseeumrundung.
Der Gott der Läufer hatte in der Zwischenzeit fast alles getan, um das Event zu einem grandiosen Erfolg werden zu lassen: Bei dem zwei Tage vorher erfolgten Streckentest waren wahre Horrorpassagen – Dutzende Meter beinahe knietiefen knochentrockenen Sandes – vorgefunden worden, die eine unvergeßliche Tortur versprachen. Der daraufhin einsetzende vielstündigen Dauerregen erschuf einen beinahe perfekten Laufgrund. Und wie sich das gehört, war der Regen kurz vor dem Start beendet. Die Bewölkung am westlichen Horizont wurde dann soweit gelüftet, dass ein beängstigend romantischer Sonnenuntergang bewundert werden konnte.
Das diffuse Licht der Bewölkung ergab außerdem bessere Sichtverhältnisse im Walde als man sie bei klarem Himmel gehabt hätte. Also, Gott: beim nächsten Mal nur noch ein paar Pfützen weniger und es gibt die volle Punktzahl.
Nach einem kleinen Foto-Shooting dann der Countdown und der Start auf der Promenade in Richtung Sonnenuntergang. Sofort bildete sich eine Spitzengruppe heraus, bestehend aus Sabine, Birk und dem Gastläufer + China-Experten Martin. Auf gut begehbarer Strecke wurden die 2,5k bis Wilhemshöhe bei noch recht passablen Sichtbedingungen gemeinsam absolviert. Dann spaltete sich der Pulk in Mini-Teams auf. Die 5k-Spezialisten suchten den Rückweg, während die Anderen in wachsender Finsternis auf verschiedenen Pfaden ihre runde Zahl vollmachten. Zum Glück gab es verschiedene Möglichkeiten, zum Startpunkt zurückzukehren, hochmotiviert durch die Aussicht auf den dort wartenden Selbstgebackenen von Anett.
Die Finisher trudelten nach und nach ein, und neben dem Genuss der Läuferverpflegung konnte es sich fast niemand nehmen lassen, sich mehr oder weniger kurz dem herrlich erfrischenden dunklen Mitternachts-Wogen der Ostsee hinzugeben.
Wer es zwischenzeitlich geschafft hat, sein Ergebnis hochzuladen, kann die ganz reale Urkunde seiner virtuellen Helsinki-Umrundung downloaden , und sich gar auf eine Medaille freuen.
Wenn man dann zu denen gehört, die beim Laufen neben dem Genuss auch immer die Performance im Blick haben, kann man sich zwischen hunderten weltweit verteilten Mitrunnern auf der Ergebnisliste suchen.
Ich glaube, den Vogel hat hier Tatjana abgeschossen: Platz 35/500 über die 5k. Die eigentlich für 30k vorgesehene Energie in einen wahren Geschwindigkeitsrausch umgesetzt!